Wie lässt sich emotionale Intensität im Theater herstellen? Mit dieser Frage beschäftigt sich "Klara! Ein Melodrama", die erste Produktion (und gleichzeitig die Namensstifterin für die damals noch namenlose Gruppe KLARA): Das Genre Melodrama funktioniert dabei als Vehikel, um sich der theatralen Emotionalität – gebrochen und ungebrochen – anzunähern.
Der Abend entstand 1991, just im Jahr des 700-jährigen Jubiläums der Schweizerischen Eidgenossenschaft, als Abgesang auf eine längst vergangene Schweiz, in welcher Frauen wie Vieh an Männer verschachert werden. Das Stück ist eine Dreiecksgeschichte: Die Titelheldin Klara, Tochter des Bergbauern vom Tannhof, soll verheiratet werden mit dem Jäger Franz. Doch sie verliebt sich in Hans aus dem Nachbartal. Das hilflose (männliche) Streben nach Liebe schlägt durchwegs in Gewalt um – dass der Kuhhandel nicht gut kommt, wird rasch klar …
Und doch kommt die Komik nicht zu kurz. Der Abend reflektiert das Melodrama an sich, das Genre wird ernst genommen: Musik wechselt sich ab mit kargen (schweizerdeutschen) Dialogfragmenten, die Vereinfachung der Figuren (das unschuldige Mädchen Klara, der edle Hans und der schurkische Franz mit Klaras Vater als Helfershelfer) sind ebenso aus dem historischen Melodram ableitbar wie auch der rasche Wechsel von gewalttätigen Szenen, Possen und der immer wieder (scheinbar) erlösende ‹comic relief›. Allerdings ist das Melodrama von KLARA seltsam entschleunigt, das Genre wird verdichtet in virtuosem Minimalismus. Und karg wie die Dialoge ist auch die Bühne – ein Podest, der Stamm einer Tanne, ein Tisch und immer wieder die Axt, welche schwerfällig ins Holz fährt. Alles ist, was es ist – der Hund heisst Hund, die Milch Milch, und unentrinnbar das Schicksal. Bis am Ende alles Leben ausgehaucht ist.
Eine KLARA Produktion
Premiere
24.12.1991
Kulturwerkstatt Kaserne Basel
Weitere Vorstellungen
Bonner Biennale; Freiburger Theaterfestival; auawirleben Bern; Theaterhaus Gessnerallee Zürich; Pumpe Kiel; Nordseehalle Husum
Mit
Michèle Fuchs, Jo Dunkel, Markus Wolff
Regie
Christoph Frick & Jordy Haderek
Musik
David Wohnlich
Raum
Philipp Schmid
Licht
Urs Reusser
Technik
Michel Jann, Knut Jensen